Besuch im Carl-Sonnenschein-Haus (v.l.): Angelika Wagner, Referentin Armut und Arbeit beim Diözesan-Caritasverband Essen; Einrichtungsleiter Marc Wroblewski, Caritas Oberhausen; Dirk Lewandrowski, LVR-Sozialdezernent; Gabriele von Berg, LVR-Fachbereichsleiterin Sozialhilfe/Fachliche Ressourcen; Detlef Nitsch, Vorstand Finanzen & Personal der Caritas Oberhausen. Foto: Caritasverband Oberhausen e.V.
Die sonnige Seite des Lebens haben die Bewohnerinnen und Bewohner des Carl-Sonnenschein-Hauses meist lange nicht erleben dürfen, wenn sie in die Caritas-Facheinrichtung der Wohnungslosenhilfe einziehen. Der Name der "Sonne", wie sie kurz bei der Caritas genannt wird, geht auf den Theologen Dr. Carl Sonnenschein zurück, der sich im Berlin der 1920er Jahre seelsorgerisch und sozialpolitisch für die Interessen sozial Benachteiligter engagierte und hat insofern nichts mit den Sonnenseiten des Daseins zu tun. Aber tatsächlich fühlen sich viele Bewohner*innen in der "Sonne" wohl und haben in der Einrichtung einen Ort, an dem sie Hilfe zur Selbsthilfe erhalten, um irgendwann wieder ein Leben in der Gemeinschaft führen zu können. "Wir bieten 80 Plätze an für wohnungslose Erwachsene ab 21 Jahren", erklärt Einrichtungsleiter Marc Wroblewski. "Unter Corona mussten wir die Zahl reduzieren, um Quarantäne- und Isolationsmöglichkeiten vorhalten zu können." Daher bietet die "Sonne" momentan nur 73 Plätze an, inklusive der auch sonst verfügbaren acht Plätze für Frauen.
Das Carl-Sonnenschein-Haus ist in Oberhausen und auch darüber hinaus bekannt, bietet es doch schon seit fast 60 Jahren Wohnungslosen ein Zuhause auf Zeit. "Anfangs waren es 130 Männer, die hier unterkommen konnten", weiß Wroblewski zu berichten. Diese Zeiten sind lange vorbei, durch umfangreiche Umbauten und Modernisierungen im Jahr 2003 wurde das Haus den neuen Anforderungen angepasst. Das Konzept der Wohnungslosenhilfe durch individuell zugeschnittene Hilfepläne, die sich ganz an der konkreten Lebenssituation der Einzelnen orientieren, geht auf.
Davon konnte sich auch Dirk Lewandrowski, Sozialdezernent des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), bei einem Besuch am 21. April überzeugen. Der LVR finanziert im Rheinland als Kostenträger Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und damit Fachberatungsstellen, Wohnheime, ambulante Unterstützungsleistungen zum Wohnen sowie Arbeits- und Beschäftigungsprojekte mit jährlich rund 70 Millionen Euro. "In der ‚Sonne‘ merkt man einfach, wie mit ganz konkreten Maßnahmen und Trainings die Menschen wieder ins soziale Leben, ins Miteinander zurückgeholt werden - egal, ob es darum geht überhaupt wieder Vertrauen zu anderen Menschen zu fassen, Fertigkeiten wieder oder ganz neu zu erlernen oder letztlich eine eigene Wohnung zu finden", sagt Lewandrowski. "Die schnelle und effektive Hilfe bei Notlagen ist dem LVR bereits seit Langem ein wichtiges Anliegen und aktueller denn je, weil die Zahl der Wohnungslosen in den letzten Jahren weiter gestiegen ist. Der LVR setzt sich daher dafür ein, jungen Wohnungslosen ein selbstständiges Leben ermöglichen und bestehende Angebote um präventive Leistungen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit ergänzen zu können. Mit Hilfe engagierter Leistungsanbieter - wie der Caritas - wollen wir so die Lebenssituation der leistungsberechtigten Personen nachhaltig verbessern."
Aber die veränderten Anforderungen machen auch vor der "Sonne" nicht halt: Schon länger gibt es den Wunsch der Bewohner*innen nach mehr Privatsphäre - denn immer noch sind 58 von ihnen in Doppelzimmern untergebracht. "Dadurch kommt es viel eher zu Konflikten", bestätigt Wroblewski. Die Umstellung auf reine Einzelzimmer ist deshalb ein Teilziel eines umfangreichen Umbau-Projektes, dass der Einrichtungsleiter dem LVR-Sozialdezernenten präsentierte. Ein verändertes Raum- und Betreuungskonzept soll zudem eine bessere Unterstützung von Menschen ermöglichen, die entweder an sucht- und/oder psychischen Erkrankungen leiden. Auch Interessierte mit ersten Anzeichen von Pflegebedürftigkeit könnten so aufgenommen werden. Wroblewski erhofft sich dadurch neue Möglichkeiten: "Durch die Veränderungen wollen wir zukünftig besser auf die Bedürfnisse genau dieser Zielgruppen eingehen können." Im Carl-Sonnenschein-Haus könnten dann nur noch 64 Plätze angeboten werden.
Die Verringerung der Plätze soll nicht zuletzt durch einen weiteren wichtigen Baustein des Projektes ergänzt werden: Es ist geplant, an einem Standort vier bis fünf kleine Wohngruppen für etwa 16 junge Wohnungslose zu schaffen. Bisher fehlen die Alternativen für junge Wohnungslose zur vollstationären Unterbringung in der "Sonne". "Und dort scheitern sie oft schon an den Voraussetzungen wie dem Mindestalter von 21 Jahren oder eben der Einsicht in eine Sucht-Erkrankung", so Wroblewski. Den Bedarf zeigten auch Ergebnisse des stadtweiten Netzwerkes "Junge Wohnungslose", in dem auch das Carl-Sonnenschein-Haus vertreten ist. Auch der LVR unterstützt die Vorhaben: "Das ist nur folgerichtig und ich bin gespannt auf die Umsetzung der Pläne", versichert Lewandrowski. "Nach fast 20 Jahren ist es Zeit für einen Schritt weiter, um die Zukunft der Sonne zu sichern und unseren Bewohnerinnen und Bewohnern weiterhin gerecht zu werden", sagte Marc Wroblewski, der sich dabei auch voll auf sein Team verlässt, das bei der Projekt-Gestaltung mitwirkt.