Auf Schloss Bellinghoven können Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung unter anderem eine Ausbildung im Bereich Metallbau absolvieren.
"Hier ist nicht viel los auf dem platten Land", meint Lukas T.* mit Blick auf Schloss Bellinghoven. Was erstmal negativ klingt, meint der 26-Jährige absolut positiv: Das ländlich gelegene Schloss bei Rees ist sein Zuhause geworden, hier hat er keine Ablenkungen, kann zu sich finden und ganz neu anfangen. Mit einer Ausbildung als Metallbauer. Lukas hatte schon mal eine Ausbildung angefangen, musste diese aber wegen seines Drogenkonsums abbrechen. Er entwickelte durch die Drogenabhängigkeit eine Psychose und kam nach einer Langzeittherapie ins Schloss. Lukas hat keine einfache Geschichte, aber er will es schaffen, möchte die Chance nutzen, auch mit einer psychischen Beeinträchtigung richtig Fuß zu fassen im Leben. "Da ist Bellinghoven die Gelegenheit", grinst Lukas T.
Das breit gefächerte Angebot überzeugte ihn: In sechs verschieden Berufsbildern in den Bereichen Tischlerei, Metallbau und Zweiradmechanik können bis zu 21 junge Menschen eine Reha-Ausbildung absolvieren. Die Werkstätten sind direkt im Schloss und in benachbarten Gebäuden untergebracht. Auszubildende können auf dem Schloss in Wohngruppen leben, dies ist aber keine Voraussetzung. Schon seit 1990 gibt es auf Schloss Bellinghoven Ausbildungsangebote für junge Menschen mit einer psychischen Behinderung. Jetzt stellt die Caritas Oberhausen, die die Einrichtung trägt, das Angebot auf neue Füße: "Nach einer langen Zeit der Ungewissheit haben wir jetzt einen guten Weg gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit gefunden, um dieses besondere Ausbildungsangebot zukunftssicher zu machen", erklärt Caritasdirektor Michael Kreuzfelder dankbar.
Die Teilnehmer*innen werden durch eine*n Reha-Berater*in einer Arbeitsagentur zugewiesen. Bundesweit gibt es nur wenige Träger, die vergleichbare Ausbildungen für Menschen mit psychischer Behinderung anbieten. Die neue Maßnahme im Auftrag der Bundesagentur für Arbeitrichtet sich zwar an Teilnehmer*innen insbesondere aus den Gebieten der Arbeitsagenturen Wesel, Dinslaken, Emmerich, Bocholt, Oberhausen und Duisburg, aber auch Teilnehmende aus ganz Deutschland können im Schloss einen Ausbildungsabschluss anstreben.
"Wir bieten jungen Menschen eine neue Perspektive, die sonst aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen - häufig sind es sogar Doppeldiagnosen - kein passendes Ausbildungsangebot finden", erklärt Klaus-Jürgen Monz, Einrichtungsleiter von Schloss Bellinghoven. "Bei uns bekommen sie besondere Hilfen und Förderung, sei es die durchgehende sozialpädagogische Betreuung, der Stütz- und Förderunterricht durch unsere eigene Lehrkraft und einen Bildungsbegleiter oder Krisenhilfe durch den psychologischen Dienst." Lukas T. ist froh, endlich als Metallbauer die passende Ausbildung gefunden zu haben: "In meiner alten Ausbildung hatte ich viel Stress, hier kann ich mich auf eine Aufgabe konzentrieren und habe später was fertig gemacht - das fühlt sich gut an."
Viele Auszubildende auf Bellinghoven machen ähnliche Erfahrungen. "Es ist oft ein langer Weg, um Vertrauen aufzubauen, Probleme und Konflikte zu lösen und den Azubis wieder das Gefühl zu geben: Ich kann etwas", weiß Monz. Die psychische Beeinträchtigung der Teilnehmenden geht oft einher mit vielfältigen Problemen aus dem sozialen Umfeld, vom Suchtmittelmissbrauch bis zum Wohnungsverlust. Viele haben schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen, aber auch mit Schule und schulischem Lernen gemacht. Sie versuchen allem, was mit Schule und Lernen zu tun hat, aus dem Weg zu gehen, haben gleichzeitig enorme Versagensängste. Aber die langjährigen Erfahrungen der Caritas-Mitarbeitenden im Schloss und den Werkstätten ebnen neue Wege. Auch zu Praktika in Betrieben, zu denen oft schon seit Jahrzehnten Kontakte bestehen. "Da sind schon Arbeitsplätze für unsere Azubis entstanden", sagt Monz stolz und schaut Lukas T. zuversichtlich an.
* Aus Datenschutzgründen haben wir den Namen des Auszubildenden geändert.
Das Schloss Bellinghoven ist eine Einrichtung der Eingliederungshilfe (früher "Behindertenhilfe"). Neben stationärem Wohnen (30 Plätze) erhalten junge Menschen mit psychischer Beeinträchtigung hier Begleitung, Betreuung und Förderung, immer mit dem Ziel wieder ein selbstständiges Leben zu führen. Als eine Stufe für die Verselbstständigung dient das Ambulant Betreute Wohnen, dass das Angebot des Schlosses ergänzt. Dazu bietet der Verband derzeit 35 Plätze in sechs WGs, aber auch die Begleitung in den eigenen vier Wänden. Die Ausbildung war über 20 Jahre Bestandteil des vom Landschaftsverband finanzierten Angebotes. Die Ausbildung wechselt nun zur Bundesagentur für Arbeit. Träger ist der Caritasverband Oberhausen e.V., der die Einrichtung 1983 vom Verein "Die Brücke" übernommen hat.