Marc-Oliver Fischer leitet das sechsköpfige Team der Erziehungsberatung der Caritas Oberhausen, die am Förderturm 8 beim Bero-Center ihren Sitz hat.
Der Psychologe Marc-Oliver Fischer leitet seit dem Spätsommer die Erziehungsberatung der Caritas Oberhausen und bringt viel Erfahrung aus städtischen Beratungsstellen in Essen und Moers mit. Als ausgebildeter Kinder- und Jugendpsychotherapeut gibt er auf unsere drei Fragen eine Einschätzung wie Kinder und Jugendliche auf die Belastungen durch die Corona-Pandemie reagieren und was das für die Schwerpunkte in der Erziehungsberatung bedeutet.
Kinder und Jugendliche waren und sind von den Einschränkungen durch Corona besonders stark betroffen, sei es durch Schulschließungen oder das Fehlen sozialer Kontakte zu Gleichaltrigen. Welche Veränderungen stellen Sie bei den Kindern, Jugendlichen und Familien fest, die zu Ihnen in die Beratung kommen?
Corona wirkt wie ein Brennglas: Die Probleme gab es in den Familien schon vorher, aber sie potenzieren sich in der Pandemie. Kinder, die bereits Schwierigkeiten hatten mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen, setzten sich in den Lockdowns gar nicht mehr damit auseinander. Unsicherheiten, gerade bei Jugendlichen, und entsprechende Ängste haben dadurch stark zugenommen. Familien, die vorher schon hart am Limit waren, sei es durch finanzielle Engpässe oder drohenden Burn-Out der Eltern, sind endgültig kollabiert. Wir sehen mehr Auffälligkeiten bei kleineren Kindern, weil sie durch seltene oder ganz wegfallende Kita-Besuche so gut wie keine Sozialkontakte mehr hatten. Die psychiatrischen Probleme haben an Brisanz zugenommen. War es vorher schon schwierig einen Therapieplatz zu bekommen, haben sich die Wartezeiten nochmals verlängert. Ich versuche als Psychotherapeut mit Gesprächen Erste-Hilfe zu leisten, kann aber unmöglich eine vollwertige Therapie ersetzen. Das kann immer nur eine Zwischenlösung sein. Welche Langzeitfolgen bei Kindern und Jugendlichen noch auftreten werden, lässt sich noch nicht absehen. Wie wird sich ein Kind entwickeln, das Grundschule nur in der Pandemie erlebt hat? Welche Probleme wird es an einer weiterführenden Schule haben, wie wird es mit anderen Kindern und Lehrern zurechtkommen? Das sind alles Baustellen, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen werden.
Wie hat die Corona-Pandemie die Arbeit in der Erziehungsberatung verändert?
Letztlich hat sie die Digitalisierung in der Beratung vorangetrieben - wir setzen seitdem viel stärker auf Beratung per Telefon und per Video-Chat. Dieser veränderte Einsatz von Medien hätte sich sonst nicht so schnell umsetzen lassen. Gleichzeitig sind neue Themen dazu gekommen, auf einmal gibt es Home-Schooling und Probleme damit und mit der Vereinbarkeit mit dem Beruf und mobilem Arbeiten der Eltern. Die Eltern befinden sich plötzlich in der Rolle als Lehrer und da sind Konflikte praktisch vorprogrammiert. Auf diese große Belastung gerade der Eltern gehen wir verstärkt ein.
Welche neuen Schwerpunkte wollen Sie in der Caritas-Erziehungsberatung setzen?
Wir möchten auch weiterhin digitale Beratungsformate anbieten, wo diese Sinn machen, zum Beispiel bei Erstgesprächen den Familien den Kontakt erleichtern. Wichtig sind uns auch niederschwellige Angebote, das heißt, wir möchten in die Stadtteile gehen, um vor Ort Angebote zu machen. Eltern haben oft nicht Möglichkeit zu uns zu kommen oder scheuen den Kontakt. Wir kooperieren bereits mit der Schulsozialarbeit der Erich-Kästner-Schule in Osterfeld und der Frühförderstelle in Sterkrade und bieten darüber einmal monatlich Beratung vor Ort an. Wir planen zusätzlich Außensprechstunden und Gruppenangebote für den Frühsommer 2022 wie beispielsweise ein Selbstbehauptungstraining für Mädchen.
Kontakt Erziehungsberatung
Am Förderturm 8
46049 Oberhausen
Tel. 0208.9404460
Tel. Sprechzeiten:
Mo.-Do. 9-12 und 13-16 Uhr
Fr. 9-13 Uhr
erziehungsberatung@caritas-oberhausen.de
www.caritas-oberhausen.de/erziehungsberatung